Inklusiver Hochseilgarten an die Bundeswehr übergeben
„Hoch hinaus“ in der Georg-Leber-Kaserne
Ein Mensch im Rollstuhl, der sich von einer fünf Meter hohen Rampe abseilt? Ein Blinder, der in neun Metern Höhe zwischen Holzmasten klettert? Was schon für viele Menschen ohne Beeinträchtigungen eine enorme Herausforderung darstellt, ist seit Ende August auch für versehrte Soldatinnen und Soldaten, die an den Lehrgängen der Gruppe Sporttherapie der Sportschule der Bundeswehr teilnehmen, möglich – und zwar im neuen inklusiven Hochseilgarten in der Georg-Leber-Kaserne in Warendorf.
Inklusion auf einem neuen Niveau
Den inklusiven Kletterparcours hat nach ministerieller Billigung das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr (BAIUDBw) in Auftrag gegeben. Die Idee dazu wurde 2018 geboren und nun durch den BLB NRW umgesetzt. „Dieser Hochseilklettergarten ist ein sporttherapeutisches Angebot für Bundeswehrangehörige, die während ihres Dienstes verletzt oder traumatisiert wurden“, erläutert Melanie Sauerbier, Leitung der Niederlassung Münster des BLB NRW. „Als inklusiver Klettergarten ist dies ein einzigartiges Projekt mit Vorbildcharakter.“
Grenzen erfahren und überwinden
Die Lehrgänge der Sporttherapie umfassen Maßnahmen zur Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit. Aber auch die Stärkung der Konzentrations-, der Kommunikations- oder auch der Teamfähigkeit stehen bei dieser sehr speziellen Therapie für physisch sowie psychisch schwer traumatisierte Bundeswehrangehörige auf dem Programm. Oberst Jorasch, Kommandeur der Sportschule, betont: „Gerade im mentalen Bereich ist es notwendig, das Selbstvertrauen zu aktivieren, die Selbstwirksamkeit zu verbessern und auch das Vertrauen in andere wiederzugewinnen, seine Ängste zu überwinden und wieder zu lernen, etwas zu riskieren, über sich selbst hinauszugehen, dabei Erfolgserlebnisse zu haben und diese zu teilen. Hierfür nutzen wir seit längerem schon Besuche in Hochseilgärten.“
Trainingslager für Invictus-Games in Warendorf
„Die Bedeutung des Sports bei der Gesundung demonstrieren, die Rehabilitation unterstützen und das Leben jenseits von Behinderung zeigen“ – das ist das Ziel der Invictus-Games, die vom 9. bis 16. September in Düsseldorf stattfinden. „Diese Worte fassen sehr gut zusammen, was hier in Warendorf unter anderem geschieht: eine Therapie für Körper und Geist auf Augenhöhe und mit Respekt“, sagt Helmut Heitkamp, Leiter der Bauabteilung der Oberfinanzdirektion des Landes-Nordrhein-Westfalen. Zahlreiche Soldatinnen und Soldaten, aber auch Polizistinnen und Polizisten und ein Angehöriger einer Berufsfeuerwehr bereiteten sich in zahlreichen Trainingslagern der Sportschule der Bundeswehr, unter anderem in Warendorf, auf die Teilnehme an den Versehrtenspielen in verschiedenen Disziplinen vor. Oberst Siegfried Josef Otto, Kommissarischer Leiter der Dependance des BAIUDBw in Düsseldorf, unterstreicht: „Die bisher genutzten Klettergärten in der Umgebung erfüllten nur bedingt die besonderen Anforderungen, die in einem zeitlich gestrafften Lehrgang erfüllt werden müssen. Der Hochseilgarten sowie das noch in Planung befindliche Gebäude für Sporttherapie demonstrieren eindrucksvoll, wie sich die Bundeswehr um seine Soldatinnen und Soldaten kümmert, die einen Schicksalsschlag erleben mussten.“
Klettern in bis zu 13 Metern Höhe
Der neue Hochseilgarten befindet sich auf der ehemaligen Kugelstoßanlage der Kaserne in Warendorf. Die dort aufgestellten Türme erreichen eine Höhe von bis zu 13 Metern. Die 36 Stationen teilen sich auf zwei Parcours auf: Der niedrige ist fünf bis sechs Meter hoch, der höhere befindet sich auf neun und mehr Metern. Auf beiden Parcours gibt es Elemente für Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer, die auch für Menschen ohne Behinderung nutzbar sind. An mehreren Stationen können bis zu drei Kletternde gleichzeitig arbeiten. Das Funktionsgebäude besteht aus einem Geräteraum und einem Abstellraum für Sicherungs- und Rettungsgeräte. Zwischen beiden Räumen befindet sich ein überdachter Freibereich als Vorbereitungsfläche für die Soldatinnen und Soldaten.
Eine besondere bauliche Herausforderung
Für die Bundeswehr ist der inklusive Parcours als sporttherapeutische Maßnahme ein Novum. Der BLB NRW hat mit einer spezialisierten Fachfirma dieses herausfordernde Projekt für den Bundesbau umgesetzt. Die Anforderungen im Bereich Technik und Statik waren besonders hoch im Vergleich zu anderen inklusiven Bauprojekten. Bei barrierefreien Bauten im öffentlichen Raum darf eine Rollstuhlrampe zum Beispiel nicht mehr als sechs Prozent Steigung haben. Im Warendorfer Klettergarten hat die Verbindung zur Fünf-Meter-Ebene eine Steigung von bis zu zwölf Prozent und ist etwa 50 Meter lang – auf dem Weg nach oben wurden Podeste zum Ausruhen errichtet. „Hoch hinaus geht es für die Angehörigen der Bundeswehr im neuen inklusiven Hochseilgarten“, sagt Marcus Hermes, Geschäftsführer des BLB NRW. „Es ist schön zu sehen, dass auf diese Weise etwas für die Soldatinnen und Soldaten, die sich mit Leib und Leben für unsere freiheitliche Gesellschaft einsetzen, getan wird. Wir als BLB NRW freuen uns, dass wir dieses Vorzeige-Projekt realisieren konnten.“