Denkmäler in NRW: AG Duisburg-Ruhrort
BLB NRWDenkmäler in NRW: AG Duisburg-Ruhrort
Rheinschifffahrtsgericht
Eingebettet im Herzen des Duisburger Stadtteils Ruhrort erhebt sich trapezförmig an einer Straßenecke ein architektonisches Schmuckstück: das Amtsgericht Duisburg-Ruhrort, das zugleich eines von deutschlandweit fünf Rheinschifffahrtsgerichten ist.
Gebäude-Steckbrief
- Adresse: Amtsgerichtsstraße 36, 47119 Duisburg
- Bauzeit: 1879/ Neubau 1899 bis 1902
- (Ursprüngliche) Nutzung: Amtsgericht, Rheinschifffahrtsgericht, Schifffahrtsgericht, Schiffsregister
- Denkmal seit: 06.12.1984
- Bruttogrundfäche: 4.484 m²
- Hauptnutzfläche: 2.511 m²
- Architekturstil: Historischer Architekturstil der deutschen Renaissance
- Besonders beachtenswert: Eckrandbebauung zum Karlsplatz auf trapezförmigen Grundstück. Zwei dreigeschossige Seitenflügel stoßen an leicht vorspringende prächtige Giebelfassade des Mittelbaus mit Saalfenstern und rundbogigem Hauptportal. Den Übergang in Höhe des Dachgeschosses bilden zwei hexagonale Ecktürmchen mit kupfernen Kuppeldächern und ihren Fialen. Am Hauptflügel markiert ein Risalit mit Treppengiebel den abknickenden Gefängnisflügel. Im historischen Architekturstil der deutschen Renaissance gestaltete Putzfassade mit Tuffsteinrahmungen im Original erhalten. Im Innern bemerkenswerter Eingangs- und Treppenhausbereich, sowie weitestgehend im Original erhaltene Sitzungssäle.
- Instandsetzungsmaßnahme: Erneuerung Fenster straßenseitig (fertiggestellt), Erhalt denkmalgeschützter Hofmauer (laufend), Fußbodenbelagerneuerung (geplant)
Die Eckrandbebauung liegt zwischen Amtsgerichts- und Hanielstraße, vis-a-vis zum Karlsplatz. Nicht nur das Gerichtsgebäude selbst, sondern auch die unmittelbar angrenzenden Straßenzüge und der gegenüberliegende Karlsplatz nehmen Besucher mit auf eine Zeitreise in das endende 20. Jahrhundert. Hier wird rund 120 Jahre Justiz- und Industriegeschichte der Stadt Duisburg architektonisch spürbar.
Anfang des 20. Jahrhunderts florierte die Eisen- und Kohleindustrie im Ruhrgebiet. Auch im Hafenstadtteil Ruhrort wuchsen logistische Anlagen wie Eisenbahnen und Häfen im Zuge der Industrialisierung. Einhergehend stieg die Einwohnerzahl und machte 1899 einen Neubau nebst Gefängnis des 1879 gegründeten Ruhrorter Amtsgerichts notwendig.
Eine besondere Herausforderung für die damaligen Bauherren haben die Gründungsarbeiten verursacht. Die Höhenlage des Standortes wechselte zwischen sechs bis zehn Metern Höhe. Hinzu kam, dass ein großer Teil des Bauplatzes früher eine sogenannte Rhein- oder Ruhrschlenke war. Diese wurde vor Baubeginn von Anwohnern lediglich mit Schutt und Müll aufgefüllt. Mit Hilfe von mehreren Dampfpumpen und 53 Zementbrunnen, die 7 Meter tief errichtet und mühselig von Hand abgeschöpft wurden, konnte ein Teil der Baufläche trocken gelegt werden. An anderer Stelle verursachte der viel zu hohe Grundwasserspiegel weiter Probleme. Kurzerhand wurden 127 Pfähle bis auf den Kiesboden abgeteuft und einbetoniert. „Das Amtsgericht steht wie die Häuser Venedigs auf Pfählen“, beschreibt ein Zeitungsartikel die Bauphase. Diese Hürden wurden wohl gerne in Kauf genommen, da der Standort logistisch an das frühere Straßenbahnnetz angebunden war. So konnte das Gericht „von allen Theilen des Gerichtsbezirkes auf kürzestem Wege erreicht werden.“, heißt es im Zentralblatt der preußischen Bauverwaltung von 1901.
Das 1902 fertiggestellte Justizgebäude mit Gerichtsgefängnis steht seit 36 Jahren unter Denkmalschutz. Gericht und Gefängnis umschließen einen nach Osten ausgerichteten Innenhof. Heute parken im Schatten einer ausladenden Platane Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gerichts ihre Autos. Angrenzend an das Gefängnisgebäude steht noch ein kurzes Stück alte Hofmauer aus Backsteinen.
Die im historischen Architekturstil der deutschen Renaissance gestaltete Putzfassade mit Tuffsteinrahmungen der Hauptfassaden ist im Original erhalten. Und ein Blick nach oben lohnt sich. Zwei dreigeschossige Seitenflügel stoßen an eine leicht vorspringende, prächtige Giebelfassade des Mittelbaus mit Saalfenstern und rundbogigem Hauptportal. Den Übergang in Höhe des Dachgeschosses bilden zwei hexagonale Ecktürmchen mit kupfernen Kuppeldächern und ihren Fialen. Hinter den Saalfenstern verbergen sich nahezu original erhaltene, holzvertäfelte Gerichtssäle.
Am Hauptflügel markiert ein Risalit mit Treppengiebel den abknickenden, ebenfalls dreigeschossigen Gefängnisflügel. Hier steht das äußerliche Erscheinungsbild unter Denkmalschutz. „Dreigeschossig auf hohem Kellersockel bis zu den Fenstern des Eingangs Backstein, darüber Putz mit Bändern als Geschoßteilung, Fensterleibungen gemauert wie auch Klötzchensims als Übergang zum Satteldach.“, so die Denkmalschutzbehörde in ihrem Gutachten von 1984. Der Übergang vom Gerichtsflügel im Westen zum mittlerweile leerstehenden Gefängnistrakt nach Osten wird durch einen 2-achsigen Risalitbau mit Stufengiebel signalisiert. Heute ist der Durchgang zwischen beiden Gebäuden verschlossen. Früher war die innere Verbindung zwischen Gericht und Gefängnis durch einen runden Ecktreppenturm mit Schweifhaube und Fiale zum Innenhof gegeben. Der karge Gefängnishof lag im Westen des Zellflügels. Das Gefängnis war mit rund 20 Einzelzellen, zwei Gemeinschaftszellen, Küche, Waschküche, Bibliothek und Desinfektionsraum ausgestattet. So konnten hier bis zu „35 schwere Jungs untergebracht werden.“, schreibt der Wochenanzeiger 1985.
„Das Gebäude fasziniert mich immer wieder.“, schwärmt Claudia Jordan, Projektverantwortliche des BLB NRW in der Niederlassung Duisburg. „Die Detailtiefe in der gebaut wurde, lässt den Betrachter, immer wieder Neues entdecken.“ Claudia Jordan hat vor kurzem die Fenster der Außenfassade an der Haniel- und Amtsgerichtsstraße denkmalgerecht erneuert. „Glücklicherweise haben wir im Keller tatsächlich ursprüngliche Fenster gefunden. So konnten wir in enger Abstimmung mit der Denkmalschutzbehörde die Originale 1:1 nachbilden. Der filigrane Fensterbau der Jahrhundertwende war herausfordernd, umso erfreulicher ist das Ergebnis.“
Das Gebäude lebt seine Geschichte und die ansässige Justiz pflegt es liebevoll. Ein besonderer Ort, der bei einem Spaziergang über die Hafeninsel Ruhrort nicht fehlen sollte.