Portfoliosteuerung in der Finanzverwaltung
Portfoliosteuerung in der Finanzverwaltung
Den Einzelfall im Fokus, das große Ganze im Blick
Kein Finanzamtsgebäude des BLB NRW ist wie das andere, aber alle gehören sie zum Teilportfolio Finanzverwaltung. Damit deren Ämter und grundsätzlich alle Immobilien des Landes besser und wirtschaftlicher gebaut oder saniert werden können, hat die Landesregierung sogenannte Portfoliokonferenzen ins Leben gerufen, die den Kontakt zwischen dem BLB NRW und seinen Kunden intensivieren. Erste Erfolge sind nun klar sichtbar.
Wer seine Steuererklärung noch persönlich beim Finanzamt abgibt, muss dafür in Gelsenkirchen seit einigen Jahren zur Ludwig-Erhard-Straße 7 – egal, in welchem Stadtteil man wohnt. 2015 fusionierten die ehemaligen Finanzämter Süd und Nord und fanden im Grenzgebiet der Stadtteile Erle und Buer ein gemeinsames Zuhause, das der BLB NRW ihnen gebaut hatte. Der Neubau mit rotem Klinker und begrüntem Dach spricht nicht nur von außen an, sondern weiß auch von innen zu überzeugen; etwa durch gute Barrierefreiheit und reichlich Tageslicht, das selbst das Aktenlager erhellt. Und das hat durchaus einen ganz praktischen Grund. Denn aufgrund der zunehmenden Digitalisierung der Finanzverwaltung werden in Zukunft deutlich weniger Regalmeter für die Aktenlagerung benötigt. Diese Flächen können dann anders genutzt werden. Wenn Finanzämter wie in der Vergangenheit fusioniert werden und Aktenlager infolge der Digitalisierung schrumpfen, beeinflusst das auch die Anforderungen der Finanzverwaltung an ihre Arbeitsräume. Der BLB NRW hat auf Entscheidung der nordrhein-westfälischen Landesregierung und unter enger Begleitung seiner Fachaufsicht im Ministerium der Finanzen in den vergangenen Jahren seine Organisationsstrukturen und Prozesse so weiterentwickelt, dass gesamtstrategische Betrachtungen für das jeweilige Kundenportfolio stärker zur Geltung kommen. Sein operatives Geschäft organisierter seit Anfang 2019 aus interdisziplinären Abteilungen, die auf ihre jeweilige Kundengruppespezialisiert sind. In der Zentrale hat der BLB NRW überdies ein strategisches Customer Relationship Management für die Finanzverwaltung und alle anderen Kundengruppen installiert.
Diese „Kundenbeziehungs-Manager“ sind erster Ansprechpartner für die zuständigen Ministerien und damit ein wichtiges Bindeglied zwischen der strategischen Sicht des BLB NRW und derjenigen seiner Kunden.
Auch die Kunden des BLB NRW sind heute besser aufgestellt, um ihren Immobilienbedarf eigenverantwortlich strategisch zu steuern. Sie erhalten Mietausgabenbudgets aus dem Landeshaushalt, über die sie überjährig eigenverantwortlich verfügen können. Das schafft Planungssicherheit und stärkt deren Entscheidungsfähigkeit. Früher hingegen musste jedes einzelne Projekt zwecks Refinanzierung durch den Landeshaushalt zunächst auf der sogenannten Bau- und Mietliste Berücksichtigung finden, über die nur einmal jährlich vom Landeskabinett entschieden wurde – ein System, das unflexibel und starr war. „Unsere Reform verbessert auf vielen Ebenen die baulichen Prozesse für unser Land – alle Beteiligten können wirtschaftlicher planen und die Gebäude dabei exakt auf die Herausforderungen der Zukunft ausrichten“, sagt Dr. Patrick Opdenhövel, Staatssekretär im Ministerium der Finanzen und Vorsitzender des Verwaltungsrats des BLB NRW.
"Alle Beteiligten können wirtschaftlicher planen und die Gebäude dabei exakt auf die Herausforderungen der Zukunft ausrichten."
Die Finanzverwaltung – eine der „großen Vier“
Das Finanzamt Gelsenkirchen gehört beim BLB NRW zur Kundengruppe der Finanzverwaltung – zusammen mit dem Ministerium der Finanzen und weiteren Behörden aus dessen Zuständigkeitsbereich. Dazu zählen Landesoberbehörden, etwa das Landesamt für Besoldung und Versorgung, die Oberfinanzdirektion NRW als sogenannte Landesmittelbehörde und weitere Einrichtungen wie die Hochschule für Finanzen. Aus der Vermietersicht des BLB NRW machen gerade die 129 Finanzämter im Land die Finanzverwaltung zu einem der großen Kunden – mit insgesamt 179 vermieteten Objekten. Damit gehört die Finanzverwaltung zusammen mit der Justiz, dem Innenressort mit der Polizei und dem Wissenschaftsressort mit den Hochschulen zu den „großen Vier“, die aufgrund ihrer nachgeordneten Bereiche einen hohen Immobilienbedarf haben.
Einer, der bei 179 Finanzimmobilien im BLB NRW den Überblick behält, ist Stefan Sturies. Er betreut als Customer Relationship Manager den Kunden Finanzverwaltung. „Wir stehen im ständigen Dialog, mit unseren Ansprechpartnern im Ministerium der Finanzen ebenso wie mit den sieben Niederlassungen im BLB NRW, die den Kontakt zu den Gebäudenutzern vor Ort pflegen“, sagt Sturies. Neben dem alltäglichen fachlichen Austausch gibt es dafür eine Vielzahl an festen Kommunikationsformaten: Quartalsgespräche und Jours fixes mit den Kunden, Austauschrunden mit den Landesmittelbehörden, Netzwerke mit den zuständigen Abteilungen im BLB NRW und so weiter.
Der Ablauf der Portfoliosteuerung (vereinfachte Darstellung)
Herzstück „Portfoliokonferenz“
Eine besondere Rolle in der Kundenkommunikation kommt den sogenannten Portfoliokonferenzen zu, die der BLB NRW seit 2019 mit den Ressorts durchführt. Sie sind gewissermaßen das Herzstück der gemeinsamen strategischen Portfoliosteuerung des BLB NRW mit seinen Kunden. „In den Portfoliokonferenzen gleichen wir unsere Portfoliosicht mit den Bedarfen und Plänen der Ressorts ab, priorisieren anstehende Maßnahmen gemeinsam und führen ganz konkrete Entscheidungen herbei“, erklärt Kerstin Böhnke-Obermann, Leiterin des Geschäftsbereichs Customer Relationship Management. Auf Grundlage der Ergebnisse der Portfoliokonferenzen wird dann über den finalen Einsatz von Ressourcen entschieden, die im BLB NRW ebenso wie auf dem Markt begrenzt sind. Das erfordert häufig Abwägungen, die nur im engen Dialog getroffen werden können: Was aus immobilienwirtschaftlicher Sicht des BLB NRW richtig ist, muss es schließlich noch lange nicht aus Kundensicht sein – und umgekehrt. Die Bedeutung der Portfoliokonferenzen liegt deshalb darin, schon frühzeitig offen zu diskutieren und gemeinsam zweckdienliche Lösungen herbeizuführen. „Bei den Konferenzen im Frühling/Sommer 2020 hat man deutlich gemerkt, dass nicht nur wir selbst, sondern auch unsere Kunden die Konferenzen als positiv und lösungsorientiert wahrnehmen. Entsprechend haben wir auch die Grundstimmung in den Terminen erlebt und konnten uns in vielen Punkten einigen“, resümiert Böhnke-Obermann.
Stefan Sturies und Kerstin Böhnke-Obermann sind als Customer Relationship Manager ein wichtiges Bindeglied zwischen der strategischen Sicht des BLB NRW und derjenigen seiner Kunden.
Von der Analyse über die Bedarfsplanung bis hin zum Zielportfolio
Dieser Erfolg kommt nicht von ungefähr, sondern wird durch umfassende Vorbereitungen ermöglicht. Diese beginnen jedes Jahr wieder mit einer umfassenden Analyse des Status quo. Dazu betrachtet der BLB NRW alle seine „Wirtschaftseinheiten“, also zum Beispiel die 179 Objekte der Finanzverwaltung, und bewertet diese nach baulichen, kaufmännischen und betrieblichen Aspekten. „Unser Ziel ist es, jeden auf Objektebene identifizierten Handlungsbedarf auf Portfolioebene zu skalieren und ihn in einen immobilienstrategischen Kontext zu stellen“, erklärt Böhnke-Obermann. „Zu unserer Strategie zählt, in langfristigen Mietverträgen wirtschaftliche Gebäude mit zeitgemäßen Standards anbieten zu können“, sagt sie weiter. Im Rahmen der Portfolioanalyse betrachtet der BLB NRW daher zahlreiche Kriterien, etwa die Qualität der Gebäude, ihre Betriebskosten sowie mögliche Modernisierungspotenziale.
"Unser Ziel ist es, jeden auf Objektebene identifizierten Handlungsbedarf auf Portfolioebene zu skalieren und ihn in einen immobilienstrategischen Kontext zu stellen."
Darüber hinaus fließen Parameter wie die restliche Vertragslaufzeit, die Wirtschaftlichkeit einer Immobilie oder auch ihre „Marktfähigkeit“ ein, denn Gebäude, die vom Land aufgegeben werden, gehen in den Verkauf. „Beim Finanzportfolio handelt es sich zu großen Teilen um Standard-Bürogebäude“, erklärt Customer Relationship Manager Stefan Sturies. Hier gibt es nicht selten einen doch größeren Modernisierungsbedarf, da beispielsweise unter neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen oder mit dem Ziel der Energieeinsparung saniert wird. Gesprächsthemen mit den Kunden ergeben sich aus der Portfolioanalyse des BLB NRW also genügend.
Die Kunden aus der Finanzverwaltung in den sieben Niederlassungen des BLB NRW
Gleichzeitig zur Analyse des BLB NRW führen die Kunden eine Portfolioplanung durch und definieren die Gebäudeanforderungen, die sich aus ihrer spezifischen Arbeitsorganisation ergeben. Wenn also – wie einst in Gelsenkirchen – zwei Finanzämter zusammengelegt werden sollen, kann das im Rahmen der Portfoliokonferenzen frühzeitig thematisiert und gemeinsam nach Lösungen gesucht werden. Doch auch innerhalb bestehender Verwaltungsstrukturen gibt es natürlich Kundenbedarfe: vom veränderten Flächenbedarf über eine neue Lüftungsanlage bis hin zu kompletten Standortmodernisierungen oder Neubauten. „Auf solche Wünsche und Anforderungen kann der BLB NRW nun wesentlich schneller und gezielter als früher reagieren“, bekräftigt Staatssekretär Dr. Opdenhövel.
Das lichtdurchflutete Foyer im Finanzamt Gelsenkirchen. Tageslicht gibt es dort aber selbst im Archiv. Denn in Zeiten schwindender Papierakten sollen die Räume künftig als Büro genutzt werden können.
„Auf Grundlage der Planungsergebnisse unserer Kunden und unserer eigenen Portfolioanalyse entwickeln wir gemeinsam ein sogenanntes Zielportfolio“, erklärt Sturies den weiteren Prozess. Im regelmäßigen Austausch werden Handlungsszenarien entworfen und eine Entscheidung auf den Portfoliokonferenzen vorbereitet. Bei der Konferenz im Frühling 2020 konnten so elf konkrete Handlungsbedarfe beschlossen werden, die nun mit Priorität angegangen werden. Darunter zum Beispiel das Finanzamt Detmold, dessen Gebäude inzwischen zu klein und sanierungsbedürftig sind. Für alle Lösungsansätze gilt: Sie sind aus baulich-technischer Sicht sinnvoll, passen zur Portfoliostrategie des BLB NRW ebenso wie zu den Plänen der Finanzverwaltung und bedeuten nicht zuletzt eine Verbesserung für die Menschen in den Gebäuden vor Ort. Kurzum: knappe Ressourcen, gut eingesetzt.