Ein Denkmal für moderne Polizeiarbeit
Sanierung Polizeipräsidium Wuppertal
Als das Polizeipräsidium Wuppertal 1940 fertiggestellt wird, misst es 102 x 76 Meter und ragt über dem erhöhten Sockel noch vier Geschosse hoch in die Luft. Eine Wuppertaler Zeitung lobt die damals brandneue Dienststelle als „einen wohlgelungenen Monumentalbau, in dem sich Schönheitssinn mit Zweckmäßigkeit glücklich vermählt“.
Mit der Zweckmäßigkeit war es 80 Jahre später nicht mehr so weit her. Die Polizeiarbeit und die Polizei selbst hatten sich im Laufe der Zeit von Grund auf verändert, und mit ihnen die Anforderungen an das Gebäude. So kamen die Wuppertaler Polizei, das Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste als technischer Berater sowie der BLB NRW als Eigentümer schließlich zusammen, um im alten Präsidium die Voraussetzungen für eine moderne, serviceorientierte, bürgernahe und effiziente Polizeiarbeit zu schaffen, etwa durch kurze Wege oder eine optimierte Raumverteilung. Die grundlegende Sanierung und Modernisierung erfolgte in mehreren Schritten und umfasste unter anderem die Instandsetzung der Fassade, der Fenster und des Sonnenschutzes, die Erneuerung der kompletten Strominstallationen und der EDV-Infrastruktur, die Komplettrenovierung aller Büroräume sowie die Modernisierung der Labore zur kriminaltechnischen Untersuchung (KTU), bauliche Anpassungen nach Vorgaben des Brandschutzes, den Einbau eines barrierefreien Aufzuges und vieles mehr. Es war also jede Menge zu tun.
Teamwork für Sicherheit zu jeder Zeit
„Bei all diesen Arbeiten standen wir vor zwei großen Herausforderungen: dem Bauen bei vollem Dienstbetrieb und dem Denkmalschutz“, fasst Dipl.-Ing. Christine Krause, Projektverantwortliche in der Düsseldorfer Niederlassung des BLB NRW, die beiden größten Herausforderungen zusammen.
Eine vollständige Kernsanierung im laufenden Betrieb bringt erfahrungsgemäß Lärm, Staub und räumliche Einschränkungen mit sich. Trotzdem musste die Arbeit uneingeschränkt weiterlaufen, denn das Polizeipräsidium ist für die Städte Wuppertal, Solingen und Remscheid zuständig. „Das war nur durch die gute Zusammenarbeit zwischen der Polizei und dem BLB NRW als Bauherrn möglich. Gemeinsam konnten wir die vollständige Arbeitsfähigkeit der Polizei vor Ort sicherstellen, sodass die Sicherheit im Bergischen Städtedreieck während der gesamten Sanierungsdauer zu jeder Zeit gewährleistet war“, so Krause weiter.
Die Vereinigung von Baustelle und laufendem Dienstbetrieb erforderte eine gute Organisation als Basis für eine funktionierende Zusammenarbeit. Mit mehreren fachkundigen Beschäftigten der Polizei Wuppertal, dem „Pro Bau“-Team, hatte der BLB NRW einen starken Partner an seiner Seite, der die Sanierung während der gesamten Bauzeit mit seinem Praxiswissen über die Abläufe und Anforderungen des Polizeialltags begleitet hat. Gleichzeitig stand der Schreibtisch für Christine Krause in der Vorbereitungsphase und während der Bauarbeiten die meiste Zeit im Baubüro direkt vor Ort, sodass sie für den Nutzer jederzeit auf dem kurzen Dienstweg ansprechbar war. Eine gute Kommunikation gegenüber den Polizeibediensteten, die jederzeit über den Fortgang der Arbeiten informiert wurden, rundete die Zusammenarbeit zwischen Polizei und BLB NRW schließlich ab.
Zahlen und Fakten
- Baujahr: 1936 bis 1939
- Bruttogrundfläche: 21.500 m²
- Kalkulierte Kosten der Maßnahme: 24 Mio. €
Verbautes Material:
- ca. 85 km Stromkabel
- ca. 28 km Datenkabel Kupfer
- ca. 28 km Datenkabel Lichtwellenleiter
- ca. 1.700 Lampen
- ca. 800 Rauchmelder
- ca. 9.500 m² Bodenbelag
- ca. 8 km Fußbodenleisten
- ca. 630 neue Fenster
- ca. 660 Holztüren denkmalgerecht überarbeitet
- ca. 30.000 m² Anstrich der Innenwandflächen
Barrierefreiheit und Feuersicherheit im Einklang mit dem Denkmalschutz
Bei der Sanierung wurden unter anderem 630 alte Fenster gegen aktuelle Energiesparfenster ausgetauscht. 56 Kilometer Datenkabel verlegt und 9.500 Quadratmeter Fußböden erneuert. All diese Arbeiten mussten im Einklang mit dem Denkmalschutz erfolgen. Wer die Freitreppe zur Eingangspforte des Präsidiums emporsteigt und in das Foyer tritt, weiß, was damit gemeint ist, denn es überkommt einen das Gefühl, in der Geschichte zurückzureisen. Das Präsidium stammt aus der Feder von Regierungsbaurat Alexander Schäfer (1887–1954), der auch das Polizeipräsidium Düsseldorf (1932) entworfen hat. Obwohl man es aufgrund seiner Abmessungen und des etwas überdimensionierten Eingangsbereichs vermuten könnte, handelt es sich beim Polizeipräsidium nicht um „NaziArchitektur“. Geplant ab 1922, erbaut ab 1936 und fertiggestellt 1939 folgt es vielmehr dem abstrakten Klassizismus, der in den 1920erund 1930er-Jahren für viele Behördenbauten stilprägend war. Gleichwohl finden sich viele Beispiele für die nationalsozialistisch geprägte Kunstauffassung der damaligen Zeit, etwa große Wandgemälde mit heroischen Bildern von Bauern, Handwerkern und Soldaten. Als Zeitzeuge des Nationalsozialismus, des Zweiten Weltkrieges und des anschließenden Wiederaufbaus der Demokratie in Wuppertal wurde das Polizeipräsidium 1985 unter Denkmalschutz gestellt.
In der Folge mussten alle Baumaßnahmen, die bauzeitliche Elemente tangieren, mit der Denkmalschutzbehörde abgestimmt werden. Zugleich waren auch die neuesten Sicherheitsvorschriften, etwa beim Brandschutz, bei den Arbeitsplatzbestimmungen und bei den Anforderungen an die Barrierefreiheit, zu beachten.
Für letztere war es eine glückliche Fügung, dass öffentliche Gebäude in der damaligen Zeit imposante Treppenaufgänge bekamen. So konnte ein Aufzug in eines der Treppenhäuser integriert werden, der sich durch seine leichte, gläserne Ausführung harmonisch in den Bestand einfügt. In den Treppenaufgängen wurden alle Stufen und Geländer denkmalgerecht restauriert bzw. überarbeitet. „Auch die Leuchten mussten in die denkmalgeschützte Umgebung passen und gleichzeitig den geltenden Vorschriften entsprechen – hier war die Lösung besonders knifflig, aber gemeinsam mit den Fachplanern haben wir eine gefunden, die sich sehen lassen kann“, berichtet Christine Krause zufrieden. Ein weiteres Beispiel zeigt, wie sich auch Denkmal und moderner Brandschutz, eine der größten Herausforderungen für das Bauen im Bestand, ganz hervorragend ergänzen können. „Im Foyer jeder Etage gibt es große Wandgemälde des Düsseldorfer Künstlers Hans Kohlschein, die das Gesellschaftsbild der Nazis propagieren“, so Christine Krause. „Sie waren nach dem Krieg überstrichen worden und wurden durch Zufall 1999 freigelegt. Bis zur Sanierung waren die Bilder noch durch gläserne Brandschutz wände geteilt. Im neuen Brandschutzkonzept haben wir diese Wände weiter in den Flur hinein verlegt, sodass die Bilder – historisch auf einer Infotafel der Polizei eingeordnet – wieder in ihrer vollen Breite sichtbar sind. Die durch die Wände zerstörten Stellen lassen wir noch durch einen Restaurator denkmalgerecht überarbeiten.“ Als Nebeneffekt erhielten die historisch geprägten Foyers auf den einzelnen Etagen mehr Raum und ein noch großzügigeres Erscheinungsbild. Bei den übrigen, nicht mehr brandschutzgerechten Pendeltüren der Flurtrakte wurde ähnlich verfahren. Sie blieben für den Denkmalschutz erhalten und wurden aufbereitet. Versetzt dahinter wurden neue gläserne Brandschutztüren eingebaut, die für Sicherheit im Gebäude sorgen.
Kleine Anekdote: Für die Ausbesserung der Mosaikböden in den Foyerbereichen, die ebenso wie die Fenster in den Treppenaufgängen vom Wuppertaler Künstler Ernst Oberhoff stammen, fand sich im Keller des Präsidiums nach all der Zeit tatsächlich noch eine Reserve der alten Mosaikfliesen!
"Alles unter einen Hut zu bringen, also Denkmalschutz, Brandschutz und die Anforderungen an moderne Technik, machte es knifflig, aber auch spannend."
Historisches Baudenkmal und moderner Arbeitsplatz in einem
Um eine zeitgemäße Arbeitsumgebung zu schaffen, wurden alle Büroräume und Flurbereiche modernisiert. Jede Tür und jeder Rahmen steht unter Denkmalschutz. Darum wurden die Türen abgeschliffen und ihre Holzmaserung wieder zum Vorschein gebracht, die Rahmen in Anthrazit gestrichen. Ausgestattet mit neuer EDV-Infrastruktur verfügt die Polizei nun wieder über ansprechende Räumlichkeiten auf der Höhe der Zeit.
Den größten Sprung haben in dieser Hinsicht sicherlich die Räumlichkeiten der KTU gemacht. Die Spezialisten bekamen im Kellergeschoss mehr Arbeitsfläche und Geräte der neuesten Generation und können nun in ehemaligen Lagerräumen mit modernster Technik etwa DNA-Spuren und Fingerabdrücke analysieren oder Kleidungsstücke auf Spuren untersuchen. Im Nachgang der Sanierung des Hauptgebäudes wird zusätzlich noch eine neue Halle zur kriminaltechnischen Untersuchung von Fahrzeugen oder größeren Gegenständen errichtet.
Bei den Investitionskosten für mehr Sicherheit im Bergischen Kreis ist es bei den ursprünglich geplanten 24 Millionen Euro geblieben. So ist das rundum sanierte Polizeipräsidium Wuppertal jetzt nicht nur ein hochmoderner Arbeitsplatz, sondern auch wieder der wohlgelungene Monumentalbau, in dem sich Schönheitssinn und Zweckmäßigkeit glücklich vermählen.